Sonntag, 25. Oktober 2009

Sportlich, sportlich, ...

...war die letzte Woche mit Sicherheit.



Wie im vorigen Update schon angekündigt ging es am Montag für das Mittelstufenkollegium um unsere Ehre, es stand das Spiel im Hallenfußball gegen das Hamber-Haus (welches das interne Hausturnier gewonnen hatte) an.
Lehrer gegen Schüler... und ich mittendrin. Als Deutscher wurde von mir traditionell viel erwartet, wobei ich doch mit Fußball spielen nahezu gar nichts am Hut habe.
Gespielt wurde in der großen Sporthalle der Schule, wo gut 300 Mittelstufenschüler eine mordsmäßige Stimmung machten. Das Komische dabei: Fast alle Schüler unterstützten uns, die Lehrer, lautstark. Es sollte ja eigentlich andersrum sein, so wäre es ganz sicher in einer Deutschen Schule, wenn die Lehrer einen sportlichen Wettkampf mit den Schülern bestreiten. Auch meine Mitspieler/Kollegen, die ich darauf ansprach, konnten mir keine Erklärung geben, es sei das erste Jahr, in dem sowas passiert.

Das Spiel konnten wir Lehrer schlussendlich relativ locker mit 5:2 gewinnen. Ich konnte dabei zwei wichtige Tore erzielen und habe als Deutscher in dieser Hinsicht nicht versagt, puh...

Nach jedem Tor der Lehrer stürmten die Schüler, die in den ersten Reihen saßen, kurzfristig das Spielfeld, um mit dem Torschützen zu feiern.
Leider habe ich keine brauchbaren Bilder des Spiels, ihr müsst es euch denken, nur verrückter als ihr vielleicht annehmt.

Nach Spielende wurden geschätzte 7634 "high-fives" verteilt und in den darauffolgenden Tagen wurde ich desöfteren von den Schülern morgens mit "nice game, Mr. B." begrüßt. (Die Mittelstufenschüler nennen mich Mr. B., da die meisten der 6 bis 8-Klässler beim Versuch, meinen Nachnamen auszusprechen, wieder und wieder scheitern. So ist Mr. B. eine effektive und einfache Lösung für beide Seiten.



Mitte der Woche fingen die Basketball-Tryout für das Varsity-Team (die Schulmannschaft) und das Junior-Varsity-Team der Jungen an. Ein paar Boarders versuchten ebenfalls ihr Glück, aber keiner von ihnen schaffte nach 3 Trainingstagen schlussendlich den Cut, alle waren ziemlich enttäuscht, so war es doch für die Zwölftklässler die letzte Chance für die Schule zu spielen.


Am Samstagmorgen war es dann für die Mädelsteams so weit, auch ihre Tryouts (ebenfalls Varsity und Junior-Varsity-Team) begannen. Da ich (mit großer Wahrscheinlichkeit) der Headcoach des Juniorteams sein werde (also 9-und 10-Klässlerinnen), war ich auch sehr gespannt, was auf mich zukam.
Die Tryouts sind ein Mix aus Konditionstraining und Technik, nicht zu hart und auch nicht zu leicht.
Morgen nachmittag geht es weier und am Donnerstag werden dann die finalen Teamzusammenstellungen präsentiert.


Doch das beste Sportevent der Woche war ohne Zweifel das Spiel der Canadian Football League am Samstagnachmittag. Die Winnipeg Blue Bombers, das populärste Sportteam der Stadt, traf auf das beste Team der Liga, die Montreal Alouettes.


Bevor ich hier nach Kanada kam, hatte ich absolut keinen Plan von American Football, aber wenn man denn erstmal die Regeln verstanden hat (das hat mich einige Wochen gekostet) ist es ein wirklich interessanter Sport, der zu Unrecht in Europa nahezu keine Präsenz hat.

Die in Blau und Gold gekleideten Blue Bombers zeigten ein Superspiel, erlaubten nur 2 gegnerische Touchdowns und gewannen am Ende verdient 41:24.



Sportevents in Nordamerika sind ganz anders als in Europa, vor allem die Fans sind bunter, verrückter und...ähm... betrunkener.


Den Schlusspunkt in einer wirklich tollen Partie setzte Winnipeg mit einem unglaublichen 81 Yard Touchdown, zu sehen hier:
http://www.youtube.com/watch?v=ympgP4R_VOk


Durch den Sieg haben die Blue Bombers gute Chancen auf einen soliden Playoff-Platz, vermutlich war das auch der Grund für die wirklich gute Stimmung im gesamten Stadion.

(hier vor dem Spiel, deswegen so leer)





Morgen am Montag geht es weiter mit dem Basketballtryout der U13 Mannschaft, die ich als assistant coach betreue, und dem schon oben angesprochenen zweiten Tag der Mädchen-Tryouts.  


Auf in eine neue Woche!

Nils

Samstag, 17. Oktober 2009

Innere Wärme



Mit einem besonderem Ereignis fing das verlängerte Thanksgiving Wochenende am Donnerstagabend an: Jawohl, der erste Schnee. Und jetzt nicht der Dithmarscher Schnee, der, wenn er sich überhaupt mal blicken lässt, Angst vor Bodenberührung hat und dementsprechend sofort wieder verschwindet. Nein, innerhalb von einer halben Stunde war alles weiß. Es fehlte eigentlich nur noch der Tannenbaum und kitschige Musik um die perfekte Weihnachtsfeier zu zelebrieren - so ein Gefühl hatte ich im Oktober noch nie...

Vor rund 3 Wochen beim campen waren es gut 30°C (Sonnenbrand gab es bei mir inklusive), doch jetzt wagt sich das Quecksilber nur noch selten über die 5-er Marke. Ungewohnt, selbst für die Kanadier, die mir alle versicherten, das weder die Wärmephase im September, noch der schnelle Temperaturumschwung inklusive Schnee Anfang Oktober an Normalität grenzen. Aber das ist kein Problem, schließlich will ich kein "normales Jahr" erleben.

Das Thanksgiving Wochenende wurde dann am Freitag mit Ausschlafen und penetrantem nicht-aufstehen verbracht. Da viele von den Boarders für Thanksgiving zu ihren Familien fuhren, blieben nur rund 15 Boarders übrig. Das gesamte Wochenende gestalte sich deshalb sehr ruhig und gemütlich.

Am Samstag wurde es dann interessant.
Da in vielen Großstädten Nordamerikas die Obdachlosen-, Arbeitslosen- und Geringstverdienerzahlen ziemlich hoch sind, entschieden wir uns, in der "Siloam Mission" in der Innenstadt Winnipegs zu helfen. Diese Organisation hat nahe Chinatowns ein großes Gebäude, wo jeder der möchte, drei Mahlzeiten pro Tag bekommt und ein Bett zum Schlafen.
Schon vom weitem konnte man im Auto die Schlange sehen, die sich vor dem Haupteingang bildete. Mit einem komischen Gefühl im Wagen ging es an der Schlange vorbei, doch dieses Gefühl wich schnell, als uns freundliche Gesichter entgegenblickten. Man spürte das sie sich über jeden aushelfenden Freiwilligen freuen.

Die Schicht in der Mission begann mit einem Rundgang durch das Gebäude. Dort erfuhren wir z.B., das 90% der Leute, die Hilfe in Anspruch nehmen, Männer sind.
Besonders unter die Haut ging mir die Besichtigung der Schlafsäle, rund 200 Betten standen dich an dicht, die Vorstellung, jeden Abend die Betten und deren Belegung zu organisieren flößte Respekt ein.
Man merkte, dass es der Organisation zwar nicht schlecht ging, aber das Geld für Beschäftigte fehlt dann doch, darum sind die Freiwilligen so wichtig, natürlich besonders für die Leute, die draußen in der Kälte in der Schlange standen und so langsam ins Gebäude und in die Essenshalle eingelassen wurden.

Nach der Führung ging es dann in große Küche, um das Frühstück vorzubereiten.
Ein paar Minuten später gingen auch schon die Rolladen hoch, und das Essen wurde von uns an etliche, hungrige Mäuler verteilt.

Bilder habe ich hier keine gemacht, was verständlich ist, denke ich. Bei Interesse hilft folgender Link: http://www.siloam.ca/



Den darauffolgenden Tag, der offizielle Thanksgiving-Feiertag, wurde mit der Lieblingsbeschäftigung Nordamerikas verbracht. Ganz klar: Essen. Von einem Lunch bei Subways bis zu dem Dinner im Baseballstadion, indem aus irgendeinem, mir nicht ersichtlichem Grund ein chinesisches Restaurant integriert wurde.


Dort gab es erneut so leckere asiatische Köstlichkeiten, das jegliche Beschreibung unwürdig erscheint. Auf Deutsch - es war einfach verdammt lecker. Warum habe ich chinesisches Essen erst jetzt für mich entdeckt? Man könnte glatt sagen, ich habe 19 3/4 Jahre meines Lebens quasi verschwendet. Ich glaube, ich muss einiges aufholen.
Und dazu hat mit Stäbchen Essen einfach nur Stil, man "schaufelt" das Essen nicht gen Magen, sondern pickt mit (in der Theorie) gestochen scharfer Präzision kleine "Essensfetzen" heraus. Wenn man es denn kann, sieht das nun wirklich gut aus.
Die nächste Pizza wird von mir mit Stäbchen bearbeitet...

Nach der kulinarischen Luxusreise ging es für ein Eis zu DQ (einer weiteren Fastfoodkette).
Das Objekt der Begierde war mit dem Oreo-Eisbecher schnell ausgemacht; ich wurde definitiv nicht enttäuscht.

Generell gibt es hier an jeder Ecke mindestens ein Fast-Food-Restaurant. Begnügt sich Deutschland mit einer handvoll verschiedenen Franchises, sprießen sie hier aus dem Boden wie gedopte Pilze. Alle heißen anders, aber alle verkaufen im Prinzip das gleiche zum gleichen Preis.
Man könnte also ohne Probleme kugelrund werden, würde man es drauf anlegen. Doch da für den Rückflug im Sommer nächsten Jahres nur ein Sitzplatz gebucht wurde, muss diese Option wohl gestrichen werden.

Am Montag Abend gab es (ja auch dieser Paragraph handelt vom Essen) endlich den ersehnten Truthahn, das Thanksgiving Essen schlechthin. Fazit: Nicht schlecht, aber nicht annähernd so gut wie das Essen am Tag zuvor.
Lecker war aber definitiv die Kürbis-Torte, die es traditionell dazu gibt.





Die Woche nach Thanksgiving war dann wieder normal, fast ohne nennenswerte Besonderheiten.

Im Hauspokal hat meine Hamber-Mannschaft die Führung ein wenig ausgebaut.
Heute mittag war in der Mittelstufe (6. - 8. Klasse) das Finale im Indoor-Fußball der Häuser zwischen Waudby(Blau) und Hamber(Grün), was Hamber eindeutig mit 9:2 gewann. Der Sieger darf nächste Woche gegen uns Lehrer spielen. Da freu ich mich schon drauf. Meine Kollegen erwarten von mir extrem viel, schließlich bin ich Deutscher "und Fußball habe ich im Blut". Aha, nun gut. Das ist natürlich alles nur Spaß und Teil der internen Lehrer-Sticheleien, an denen ich immer mehr teilhabe. In meinen ersten Tagen war es noch schwer auf eine spaßige Konfrontation/und oder sarkastische Äußerungen gelungen zu reagieren, das fällt mir aber immer leichter und bin nun vorne mit dabei.
Am Montag fangen die Basketball-Tryouts für die Schulmannschaft an. Mitspielen darf ich zwar leider nicht, aber jedes Jahr gibt es ein großes Showmatch zwischen eben jener Schulmannschaft und einer Lehrerauswahl, auf das ich mich jetzt schon freue.


So long...

euer Nils

Montag, 5. Oktober 2009

Ein gutes Gefühl

Nach dem die Seite blogspot.com in den letzten Tage nicht verfuegbar war, kann ich nun endlich meinen Blog fortsetzen und über die vergangene Woche berichten, denn es ist eine Menge passiert.


© Barry Panas 2009

War der Montag noch als "business as usual" zu verzeichnen, stach der Dienstag aus dieser Kategorie deutlich heraus. Auf dem Plan stand der jährliche Terry Fox Run, ein Lauf zu Ehren des gleichnamigen Winnipeger Leichathleten und Aktivisten. Terry verlor in seinem Leben ein Bein und hatte dazu noch Krebs. Angespornt durch sein Schicksal begann er den "marathon of hope", einen Lauf durch Kanada von Quebec nach Vancouver, von Küste zu Küste. Gut 5000 Kilometer, so jedenfalls sein Plan.
Mit einer Prothese am rechten Bein ausgestatt lief er Tag für Tag, Nacht für Nacht, bis nach Thunder Bay, wo er seinem Krebs schlussendlich erlag. Ihm zu Ehren wird im ganzen Kanada einmal im Jahr symbolisch sein Lauf weitergeführt. Auch über die Grenzen des Landes ist die Geschichte des bewundernswerten Mannes gedrungen, Terry Fox Läufe gibt es mittlerweile in 58 Ländern. Mehr Infos zu T.Fox: http://www.terryfox.org/Foundation/

Die vier Häuser der Schule (Hamber, [Grün], Waudby [Blau], Young [Gelb] und Richardson [Rot] ) konkurrierten um Hauspunkte. Mein Haus (Hamber) gewann und liegt somit in Führung in der Gesamtwertung um den Hauspokal.


Nächster Tag, nächste Besonderheit:
Am Mittwoch war "Jersey-Day". Alle Schulkinder und Lehrer konnten die Trikots ihrer Lieblingsmannschaften- und Spieler tragen. Da es nun mal Kanada ist, war (Eis-)Hockey mit vielleicht 85% klar überlegen. Das bunte Treiben auf den Schulfluren war wirklich ein anderes als in den sonstigen Tagen, wo alle Schüler in Uniform nun mal gleich aussehen.


Am Freitag Abend ging es für mich und ein paar andere Boarder ins Kino. Eigentlich war der Plan "Zombieland" zu gucken, der Film war aber ausverkauft, so verschlug es uns in "Surrogates" mit Bruce Willis.
Fazit: Nett, ein Mix aus Matrix und I Robot, kommt aber an beide nicht ganz ran. In Deutschland ist der Film erst Ende Januar im Kino. Einmal angucken lohnt sich, was mich allerdings gestört hat, war die vorhersehbare Story, macht euch am besten im Januar selbst ein Bild. Der Trailer jedenfalls ist wirklich gut: http://www.youtube.com/watch?v=jwTJ7mCcFoY


Der Samstag war ganz klar das Highlight der gesamten Woche.
Es ging nach China Town, um dort Essen zu gehen.


Das Restaurant war wirklich groß und die Spezialitäten, die es gab, waren unglaublich lecker, so gutes chinesisches Essen hatte ich wirklich noch nie.
Zusätzlich habe ich endlich gelernt mit Stäbchen zu essen, so schwierig ist es gar nicht, die aisiatischen Boarders haben es mir in Windeseile beibringen können.


Danach ging es noch in einen chinesischen Supermarkt, wo ich Lycheesaft (super!), Zuckerrohrsaft (nie wieder!) und chinesisches Red Bull (so wie immer) eindeckte.


Generell hat sich mein Wochenarbeitsplan verändert. Wurde ich vorher nur im Mittelstufencomputerraum eingesetzt, assistiere ich seit letzter Woche auch im Kunstraum und vor allem im Sportunterricht, wo ich nun jede Stufe von 6 bis 12 unterrichte. Es ist schön zu sehen, das meine Arbeit bisher gewürdigt wurde und das ich jetzt deutlich mehr Verantwortung übertragen bekomme. Habe ich mich in den letzten Wochen ein bisschen untergefordert gefühlt, werde ich jetzt wirklich gebraucht und ich bin wirklich beschäftigt. All das sorgt bei der Arbeit vor allem für eines: Ein gutes Gefühl.



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Heute ist Montag und diesen morgen ist das erste, heiß ersehnte Paket aus Deutschland angekommen.
Noch nie habe ich mich über Nutella, Gummibärchen und vor allem Baumkuchen so gefreut.
Auch mein anderer Anzug, den ich aus Platzgründen zu Hause gelassen hatte, so wie ein paar Krawatten und ein weiteres Paar Anzugschuhe habe ich mit Freude empfangen.
 Ich bin also gut gerüstet für die kommende Arbeitswoche, die durch das Thanksgiving Wochenende verkürzt ist.
Am Wochenende geht es wieder in die Innenstadt, dort werden wir Armen und Obdachlosen helfen, Essen austeilen, etc.

Das alles gibt's aber natürlich erst im nächsten Update.

Euer Nils