Mit einem besonderem Ereignis fing das verlängerte Thanksgiving Wochenende am Donnerstagabend an: Jawohl, der erste Schnee. Und jetzt nicht der Dithmarscher Schnee, der, wenn er sich überhaupt mal blicken lässt, Angst vor Bodenberührung hat und dementsprechend sofort wieder verschwindet. Nein, innerhalb von einer halben Stunde war alles weiß. Es fehlte eigentlich nur noch der Tannenbaum und kitschige Musik um die perfekte Weihnachtsfeier zu zelebrieren - so ein Gefühl hatte ich im Oktober noch nie...
Vor rund 3 Wochen beim campen waren es gut 30°C (Sonnenbrand gab es bei mir inklusive), doch jetzt wagt sich das Quecksilber nur noch selten über die 5-er Marke. Ungewohnt, selbst für die Kanadier, die mir alle versicherten, das weder die Wärmephase im September, noch der schnelle Temperaturumschwung inklusive Schnee Anfang Oktober an Normalität grenzen. Aber das ist kein Problem, schließlich will ich kein "normales Jahr" erleben.
Das Thanksgiving Wochenende wurde dann am Freitag mit Ausschlafen und penetrantem nicht-aufstehen verbracht. Da viele von den Boarders für Thanksgiving zu ihren Familien fuhren, blieben nur rund 15 Boarders übrig. Das gesamte Wochenende gestalte sich deshalb sehr ruhig und gemütlich.
Am Samstag wurde es dann interessant.
Da in vielen Großstädten Nordamerikas die Obdachlosen-, Arbeitslosen- und Geringstverdienerzahlen ziemlich hoch sind, entschieden wir uns, in der "Siloam Mission" in der Innenstadt Winnipegs zu helfen. Diese Organisation hat nahe Chinatowns ein großes Gebäude, wo jeder der möchte, drei Mahlzeiten pro Tag bekommt und ein Bett zum Schlafen.
Schon vom weitem konnte man im Auto die Schlange sehen, die sich vor dem Haupteingang bildete. Mit einem komischen Gefühl im Wagen ging es an der Schlange vorbei, doch dieses Gefühl wich schnell, als uns freundliche Gesichter entgegenblickten. Man spürte das sie sich über jeden aushelfenden Freiwilligen freuen.
Die Schicht in der Mission begann mit einem Rundgang durch das Gebäude. Dort erfuhren wir z.B., das 90% der Leute, die Hilfe in Anspruch nehmen, Männer sind.
Besonders unter die Haut ging mir die Besichtigung der Schlafsäle, rund 200 Betten standen dich an dicht, die Vorstellung, jeden Abend die Betten und deren Belegung zu organisieren flößte Respekt ein.
Man merkte, dass es der Organisation zwar nicht schlecht ging, aber das Geld für Beschäftigte fehlt dann doch, darum sind die Freiwilligen so wichtig, natürlich besonders für die Leute, die draußen in der Kälte in der Schlange standen und so langsam ins Gebäude und in die Essenshalle eingelassen wurden.
Nach der Führung ging es dann in große Küche, um das Frühstück vorzubereiten.
Ein paar Minuten später gingen auch schon die Rolladen hoch, und das Essen wurde von uns an etliche, hungrige Mäuler verteilt.
Bilder habe ich hier keine gemacht, was verständlich ist, denke ich. Bei Interesse hilft folgender Link: http://www.siloam.ca/
Den darauffolgenden Tag, der offizielle Thanksgiving-Feiertag, wurde mit der Lieblingsbeschäftigung Nordamerikas verbracht. Ganz klar: Essen. Von einem Lunch bei Subways bis zu dem Dinner im Baseballstadion, indem aus irgendeinem, mir nicht ersichtlichem Grund ein chinesisches Restaurant integriert wurde.
Dort gab es erneut so leckere asiatische Köstlichkeiten, das jegliche Beschreibung unwürdig erscheint. Auf Deutsch - es war einfach verdammt lecker. Warum habe ich chinesisches Essen erst jetzt für mich entdeckt? Man könnte glatt sagen, ich habe 19 3/4 Jahre meines Lebens quasi verschwendet. Ich glaube, ich muss einiges aufholen.
Und dazu hat mit Stäbchen Essen einfach nur Stil, man "schaufelt" das Essen nicht gen Magen, sondern pickt mit (in der Theorie) gestochen scharfer Präzision kleine "Essensfetzen" heraus. Wenn man es denn kann, sieht das nun wirklich gut aus.
Die nächste Pizza wird von mir mit Stäbchen bearbeitet...
Nach der kulinarischen Luxusreise ging es für ein Eis zu DQ (einer weiteren Fastfoodkette).
Das Objekt der Begierde war mit dem Oreo-Eisbecher schnell ausgemacht; ich wurde definitiv nicht enttäuscht.
Generell gibt es hier an jeder Ecke mindestens ein Fast-Food-Restaurant. Begnügt sich Deutschland mit einer handvoll verschiedenen Franchises, sprießen sie hier aus dem Boden wie gedopte Pilze. Alle heißen anders, aber alle verkaufen im Prinzip das gleiche zum gleichen Preis.
Man könnte also ohne Probleme kugelrund werden, würde man es drauf anlegen. Doch da für den Rückflug im Sommer nächsten Jahres nur ein Sitzplatz gebucht wurde, muss diese Option wohl gestrichen werden.
Am Montag Abend gab es (ja auch dieser Paragraph handelt vom Essen) endlich den ersehnten Truthahn, das Thanksgiving Essen schlechthin. Fazit: Nicht schlecht, aber nicht annähernd so gut wie das Essen am Tag zuvor.
Lecker war aber definitiv die Kürbis-Torte, die es traditionell dazu gibt.
Die Woche nach Thanksgiving war dann wieder normal, fast ohne nennenswerte Besonderheiten.
Im Hauspokal hat meine Hamber-Mannschaft die Führung ein wenig ausgebaut.
Heute mittag war in der Mittelstufe (6. - 8. Klasse) das Finale im Indoor-Fußball der Häuser zwischen Waudby(Blau) und Hamber(Grün), was Hamber eindeutig mit 9:2 gewann. Der Sieger darf nächste Woche gegen uns Lehrer spielen. Da freu ich mich schon drauf. Meine Kollegen erwarten von mir extrem viel, schließlich bin ich Deutscher "und Fußball habe ich im Blut". Aha, nun gut. Das ist natürlich alles nur Spaß und Teil der internen Lehrer-Sticheleien, an denen ich immer mehr teilhabe. In meinen ersten Tagen war es noch schwer auf eine spaßige Konfrontation/und oder sarkastische Äußerungen gelungen zu reagieren, das fällt mir aber immer leichter und bin nun vorne mit dabei.
Am Montag fangen die Basketball-Tryouts für die Schulmannschaft an. Mitspielen darf ich zwar leider nicht, aber jedes Jahr gibt es ein großes Showmatch zwischen eben jener Schulmannschaft und einer Lehrerauswahl, auf das ich mich jetzt schon freue.
So long...
euer Nils
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